Schüler unseres Berufskollegs haben in Sachen EU-Asylpakt viele Fragen an Dr. Peter Liese und Janine Winzer
Erst vor wenigen Wochen haben sich die EU-Staaten nach zähen Verhandlungen auf einen neuen Asylpakt geeinigt, mit dem die Asylverfahren an den EU-Außengrenzen beschleunigt werden sollen. Zudem wurde beim EU-Gipfel kurz vor Weihnachten eine verpflichtende Umverteilung von Asylbewerbern beschlossen.
Anlass genug, mit jungen Wählerinnen und Wählern (2002 wurde das Wahlalter für die Teilnahme an den Wahlen zum Europäischen Parlament auf 16 Jahre abgesenkt) über das wichtige Thema der EU-Migrationspolitik in das Gespräch zu kommen.
So hatte es sich denn auch Dr. Peter Liese (CDU), Europaabgeordneter für Südwestfalen, nicht nehmen lassen, mit Schülerinnen und Schülern unseres Berufskollegs hierüber am 23. Februar gemeinsam zu diskutieren.
Die Idee zu diesem offenen Austausch zwischen Politik und jungen Wählerinnen und Wählern hatten Dr. Gabriele Schulte-Kurteshi (Vorsitzende des Kreisverbandes Märkischer Kreis der Europa-Union e.V.) und der örtliche Geschäftsführer der Europa-Union, Michael F. J. Boeck.
Kurzfristig konnte für die Diskussionsrunde noch Janine Winzer, die die Partei „Die Linke“ im Mendener Stadtrat vertritt, hinzugewonnen werden. Die Moderation bei der Diskussionsrunde im Forum des Berufskollegs lag bei Michael F. J. Boeck, der für die plötzlich erkrankte Dr. Gabriele Schulte-Kurteshi einsprang.
V.l.n.r.: Abteilungsleiter Thomas Holtewert, Janine Winzer, Dr. Peter Liese, Schulleiter Josef Schulte und Michael F. J. Boeck, Leiter der Abteilung Wirtschaft und Verwaltung und Geschäftsführer der Europa-Union Märkischer Kreis e.V.
Politisch interessierte Jungwähler
Auf keinen Fall, so wurde bei der Diskussionsrunde deutlich, saß hier im Forum des Berufskollegs die uninteressierte Jungwählerschaft, von der so oft in den Medien die Rede ist. Ganz im Gegenteil: Die angehenden Abiturienten aus der Fachoberschule 13 Gestaltung, die zukünftigen Industriekaufleute sowie Zahnmedizinischen Fachangestellten hatten teils umfangreiche Fragenkataloge vorbereitet, die sie nun loswerden wollten.
So wollte etwa Jan Anton, angehender Industriekaufmann, von Dr. Peter Liese wissen, warum Deutschland nicht einfach abgelehnte Asylbewerber zurückschicken würde. In seiner Antwort wies Dr. Liese darauf hin, dass es oft ganz schwierig sei, diese zurückzuführen und ergänzte: „Dass das so schwierig ist, daran ist auch meine Zunft nicht ganz unschuldig, denn viele Ärzte schreiben Atteste. Gerade weil die Abschiebungen so schwierig sind, bin ich für stärkere Zugangskontrollen an den EU-Außengrenzen. Wir müssen verstärkt darauf schauen, wer überhaupt das Recht hat zu bleiben. Wir müssen aber die aufnehmen, die wirklich verfolgt werden!“
Begrüßung durch Schulleiter Josef Schulte
Liese: "Die Bezahlkarte für Asylbewerber muss jetzt her!"
Auch um das brandaktuelle Thema der Bezahlkarte für Asylbewerber ging es natürlich – und so wollte der angehende Industriekaufmann Benjamin Lehrke von Dr. Liese wissen, wie er denn selbst zu den Karten stände. Für Europaparlamentarier Liese das Wichtigste, was Deutschland jetzt anpacken müsse, denn es spreche sich bei den Flüchtlingen herum, dass man in unserem Land Bargeld bekäme. Den Mechanismus der Einwanderung in die deutschen Sozialsysteme würde die Bezahlkarte durchbrechen.
Weit auseinander lagen die politischen Positionen vor allen Dingen bei der Frage, was man unter einem „sicheren Herkunftsland“ versteht. Während für Dr. Peter Liese klar war, dass „sicheres Herkunftsland“ nicht heißt, dass etwa in Marokko alles so ist wie in Deutschland, fragte Janine Winzer von der Partei „Die Linke“, ob ein Herkunftsland denn wirklich als sicher gelten könne, wenn die soziale Infrastruktur überhaupt nicht vorhanden sei, ein Kind gar nicht sicher aufwachsen und keine ausreichende Schulbildung genießen könne. Zudem sei der Begriff „Sozialtourismus“, der im Zusammenhang mit Fluchtbewegungen immer wieder falle, vollkommen unangemessen: „Wir können die Menschen hier ja auch ausbilden“, so Winzer. Das Problem bei der Integration seien vor allen Dingen die fehlenden Abschlüsse und Deutschkurse. Außerdem die Tatsache, dass Asylbewerber gar nicht arbeiten dürften, obwohl sie es wollten.
Dänemark als Vorbild?
Und so richtete sich beim Punkt „Arbeit von Asylbewerbern“ zwangsläufig der Blick auch auf Deutschlands EU-Nachbar im Norden. Denn von Dänemark, so Liese, könne sich unser Land einiges in der Asylpolitik abschauen: „Ich finde das im Großen und Ganzen sehr sinnvoll, was die Dänen machen. Unser Nachbarland, das bekanntlich eine sozialdemokratische Regierung hat, nimmt den Flüchtlingen an der Grenze alle Wertsachen ab. Sie müssen bei null anfangen – jeder muss dort arbeiten. Aber dass die Dänen selbst persönliche Wertsachen einbehalten, geht meiner Ansicht aber doch zu weit.“
Appell an die Jungwähler
Zum Abschluss der intensiven Diskussionsrunde rief Liese die Jungwähler dazu auf, Europa nicht kaputtgehen zu lassen, denn Europa habe nie zuvor auf eine so lange friedvolle Geschichte zurückblicken können. Auch der persönliche und der wirtschaftliche Wohlstand hierzulande hingen von Europa ab – die Jungwählerinnen und Jungwähler sollten daher unbedingt zur Europawahl am 9. Juni gehen und sich natürlich für demokratische Parteien entscheiden.
(Text: Clas Möller; Fotos: Finn Schlüter, FO13 Gestaltung)